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Beitrag vom 10.08.2011
Shantel & Oz Almog - Kosher Nostra. Jewish Gangsters Greatest Hits
Shelly Kupferberg
Die Anthologie gewährt einen Einblick in eine fast vergessene Geschichte: Die der jüdischen Unterwelt im New York der 20er Jahre. Neuentdeckungen, aber auch Evergreens - Jewish Favorites eben!
Nicht ganz kosher - von Shelly Kupferberg
"Die meisten Menschen haben noch nie etwas von jüdischen Gangstern gehört. Sie glauben nicht einmal, daß es sie je gegeben hat. Allein der Gedanke an einen jüdischen Gangster verstößt gegen die elementarsten Klischees von Juden, Klischees, die den Platz der Juden in der Welt umschreiben. Juden sind körperlich harmlose Bürokreaturen.", so schreibt Rich Cohen in seinem Buch "Murder inc.", das uns einen Einblick in eine fast vergessene Geschichte gewährt: Die der jüdischen Unterwelt im New York der 20er Jahre. Cohens Urgroßeltern besaßen ein Restaurant in Brooklyn, in dem die zwielichtigen Gestalten der Kosher Nostra zu speisen pflegten. Sie waren Kinder jüdischer Immigranten aus Osteuropa und Underdogs in einer Gesellschaft, die sie nicht wollte. Sie waren "tough jews", furchtlos und unerschrocken.
Genau jenen Typen hat sich der Frankfurter DJ Stefan Hantel, alias Shantel, gewidmet – musikalisch, versteht sich. Gemeinsam mit dem israelischen Maler Oz Almog, der bereits vor einigen Jahren als Kurator und Maler für das Jüdische Museum in Wien Porträts von Kosher-Nostra-Mitgliedern anfertigte, wurde tief in die Plattenkiste des vor allem us-amerikanischen Showgeschäfts von den Zwanziger bis in die Sechziger Jahre gegriffen. Und das hat seinen Grund: Denn, so erfahren wir in dem aufwendig und umfangreich gestalteten Booklet zur Anthologie: Aus jüdischen Gangsterkreisen seiner Zeit entstanden auch kommerziell und gesellschaftlich erfolgreiche Musikerkarrieren. Schwarzgeld musste gewaschen werden, und so wurde eifrig in Radiostationen, Musikclubs, Revuetheater, Spielkasinos und die Plattenindustrie investiert. Und auch, wenn die schicken Herren der Kosher Nostra mit ihren Nadelstreifenanzügen abgrundtiefe dunkle Seiten aufwiesen: Die oft unfreiwillig verlassene und feindselig osteuropäische Heimat musste auch in der Neuen Welt kompensiert werden und ihren Platz bekommen. Jiddish war die Sprache der meisten osteuropäischen Einwanderer – und wurde wieder salonfähig, auch auf Musikerbühnen von New York bis Las Vegas.
Erstaunlicherweise sind es nicht nur Juden, die da auftraten und in ´Mammeloshn´ Schlager vortragen, bis dem Publikum die Tränen in die Augen schossen: Selbst eine Connie Francis ist auf der Anthologie mehrfach vertreten, hat sie doch 1960 eine ganze LP mit "Jewish Favorites" aufgenommen. Das Publikum war schließlich vorhanden und nahm dankbar sentimental jeden Fetzen Heimatgefühl auf. Neben solchen Entdeckungen finden wir aber auch Evergreens, wie "My Jiddishe Mamme", gesungen von Sophie Tucker (eigentlich Sonya Kalish) und den ersten Hit der Andrew Sisters "Bei mir bistu sheyn". Raritäten und Obskuritäten, wie die Hava-Nagila-Version des Sängers Solomon Schwartz samt Orchester, oder die Geschichte des Klassikers "Misirlou", den wir spätestens seit Tarantinos Streifen "Pulp Fiction" im Ohr haben finden sich ebenso in der Sammlung, wie jiddischen Charleston, Swing oder Jazz.
Shantel und Oz Almog haben einige vergrabene Geschichten über Legenden und Mythen aus der Vergessenheit geborgen, einer durchaus interessanten und bisher rar dokumentierten Underdog-Geschichte.
Shantel & Oz Almog
Kosher Nostra. Jewish Gangster´s Greatest Hits
CD mit 60-seitigem illustrierten Booklet
Essay Recordings 2011/Indigo
www.essayrecordings.com
15,99 Euro
Dieser Beitrag wurde uns von der Journalistin / Moderatorin Shelly Kupferberg freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Erstmalig ist die Rezension im Sommer 2011 in der Musikbeilage der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung erschienen.
Weiterhören: www.juedische-allgemeine.de